Der kleine Amara ist vier Jahre alt. Ängstlich schaut sich der Junge im Untersuchungsraum um, klammert sich an seine Mutter und weint schließlich. Gesicht, Hals und Arm sind stark vernarbt. Als Kleinkind war er in die Kochstelle am Boden gefallen und hatte sich stark verbrüht. Kein Einzelschicksal in Sierra Leone.

Für uns ist die Reise nach Sierra Leone kein gewöhnlicher Urlaub. Wir begleiten zwei Hilfsorganisationen, unter anderem ein Kinderchirurgen-Team, das für den Berliner Hilfsverein Bintumani für zwei Wochen in Freetown im Einsatz ist. Einer ihrer Kooperationspartner ist der Braunschweiger Verein Löwe für Löwe.

Da die Narben des kleinen Amara nicht von Anfang an medizinisch versorgt wurden, sind sie nun stark verhärtet. Hals und Arm kann er nur wenig bewegen. Seine Chance ist das Ärzteteam aus Deutschland, das in den kommenden zwei Wochen 82 Kinder mit den verschiedensten Diagnosen operieren wird.

Die Kinderärzte Morley Wright, Ibrahim Al-Naieb und Tilmann Gresing lernten sich vor vielen Jahren in Kassel kennen. Sie wollten etwas tun. Unterstützt von vier Kolleginnen, darunter Dr. Esther Lau vom Klinikum Braunschweig, waren sie 2020 zum zehnten Mal in Sierra Leone im Einsatz, der Heimat des 78-jährigen Wrights. Er erzählt uns viel über sein Geburtsland, über den grausamen Bürgerkrieg und die zwei Jahre Stillstand durch Ebola von 2014 bis 2016. Damals mussten auch die Ärzte aussetzen.

„Noch immer stirbt fast jedes dritte Kind vor seinem fünften Geburtstag“, berichtet der Arzt. Nun sorgen sich alle, dass Corona die kleinen Fortschritte wieder zunichtemachen wird. Die indische Oberschwester Sarita berichtete vor wenigen Tagen, dass ein ähnlicher Ärzteeinsatz aus Indien abgesagt wurde. Sie arbeitet im Choithram Memorial Hospital, das indische Privatkrankenhaus stellt dem deutschen Ärzteteam seine Infrastruktur zur Verfügung.

In Sierra Leone ist es im März heiß, im Untersuchungsraum sorgt eine Klimaanlage für erträgliche Temperaturen. Dort beruhigt Al-Naieb den vier Monate alten Hassan. Schon beim ersten Blick auf das Baby wird klar, ein Leistenbruch plagt es. Er wird am nächsten Tag operiert.

Al-Naieb gibt Madeleine Martin kurze Infos. Die Braunschweigerin vom Verein Löwe für Löwe koordiniert den Einsatz.

Ich darf mit in den für deutsche Verhältnisse schlichten Operationssaal. Bevor Gresing das Baby operieren kann, muss dessen Windel entfernt werden. Dabei stört zunächst ein Bändchen, die Ärzte müssen es durchtrennen. Erst später erfahre ich, dass solche Bänder Glück bringen sollen. Wir glauben, dass Hassan dennoch Glück haben wird. Die OP verläuft schon mal gut.

Gresing geht sofort in den angrenzenden zweiten OP, die Nachsorge von Hassan übernehmen die Ärztin Dr. Sarah Al-Naieb, die Schwester Esther Käufler und etliche afrikanische und indische Pflegekräfte. Wir sind sehr beeindruckt, jeder Handgriff sitzt, das Zusammenspiel klappt perfekt

Die Anästhesistin Kathrin Ruesse hat Amara bereits narkotisiert. Seine verhärteten Narben am Hals sollen durch eine Hauttransplantation geschmeidiger werden.

Am nächsten Tag werden einige kleine Patienten aus dem Vorjahr von Dr. Ibrahim Al-Naieb begutachtet. Er ist zufrieden und die Kinder nehmen unbeschwert eine kleine Tüte mit Süßigkeiten entgegen. Im nächsten Jahr sind hoffentlich auch Hassan und Amara dabei.

Einige der 82 operierten Kinder wurden in der Gesundheitsstation von Löwe für Löwe in Brigitte-Village voruntersucht. Auch ihr Transport und die Nachsorge werden soweit möglich von dem Braunschweiger Verein übernommen. Über die Gesundheitsstation berichten wir in Folge 3.

Die Journalistin Anita Pöhlig (64) war 20 Jahre Korrespondentin der dpa in Braunschweig. Ihr Ehemann Paul Becke (68) war Lehrer an der Hauptschule Sophienstraße in Braunschweig. Beide reisen gern und berichten in ihrem Blog urlaubspaul.com darüber

Weitere Informationen:

loewefuerloewe.de, Spendenkonto:

 Postbank Hannover, IBAN: DE91 2501 0030 0902 6953 00

bintumani.de, Kennwort Kinderchirurgie

IBAN DE27 1002 0500 0003 1997 01

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